Sie sind hier

Woran es beim „Home Office“ harzt und wie Sie die Arbeitsproduktivität kurzfristig steigern können.

Musste ein Grossteil der Mitarbeiter innert kürzester Zeit das Home Office antreten? Und Sie waren enorm gefordert und stampften sozusagen über „Nacht“ eine dezentrale Organisation aus dem Boden?

Zu Beginn waren Sie froh, dass es überhaupt klappte und die Mitarbeiter mit der nötigen Infrastruktur ausgerüstet werden konnten. Ihre Führungsaufgabe war damit noch nicht beendet. Zu den externen Abstimmungen kam intern wachsender Koordinationsaufwand hinzu: scheinbar Unwichtiges blieb liegen; die Prozesse verlangsamten sich; Fehler und Missverständnisse nahmen zu. Warum?

Wir wollten genauer verstehen, unter welchen Bedingungen „Home Office“ besser funktionierte als anderswo. Dazu haben wir mit Führungskräften operativer Bereiche gesprochen.

Vorweg: An der Selbstdisziplin der Mitarbeiter mangelte es meistens nicht. Vielen Mitarbeitern fehlte im „Home Office“ jedoch der soziale Kontakt. Das vertraute Miteinander kittet im Betrieb die interne Zusammenarbeit, etabliert viele informelle Beziehungen und verhindert viele Unsicherheiten – sowohl sachliche Störungen als auch zwischenmenschliche Konflikte.

Wegfallendes Management auf Zuruf

Ohne „Home Office“ werden im geschäftlichen Alltag sehr viele sachliche Störungen durch Management auf Zuruf auspariert. So werden allfällige Unklarheiten, Doppelspurigkeiten oder Leerläufe rasch entdeckt. Auf Zuruf – im wörtlichen Sinne – werden fehlende Informationen nachgereicht oder der Arbeitsverlauf korrigiert. Dieses Management auf Zuruf ist dem Mail oder Chat weit überlegen: schneller und treffsicherer.

Im „Home Office“-Modus dagegen ist das Management auf Zuruf stark behindert, wenn nicht gar unmöglich. Der „schnelle Dienstweg“ für Rückfragen, Abklärungen, Ergänzungen, Korrekturen von Missverständnissen usw. wird verlangsamt und ist ohne technische Hilfsmittel nicht mehr möglich. Durch das „Home Office“ wurden Schnittstellen eingezogen, wo sie bisher das eingespielte Team nicht – oder zumindest nicht so starr und hart – kannte. Vielmehr hatten sich die Mitarbeiter an flexible und weiche Schnittstellen gewöhnt.

Als Alternative zum Management auf Zuruf hat sich die Auftraggeber-Auftragnehmer-Beziehung bewährt. In ihr sind die Rollen und Aufgaben so verteilt, dass die Auftragserteilung („was zu tun ist“) und die Übergabe des erfüllten Auftrags („Auftrag erledigt.“) möglichst einfach sind. Dies bedeutet, dass der Erklärungs- und Abstimmungsbedarf möglichst gering sind und dass damit das Management auf Zuruf hinfällig wird. Darüber hinaus erhalten die Direktbeteiligten immer ein unmittelbares Feedback, was die Fortpflanzung von Fehlern und Missverständnissen entlang der Kette verhindert.

Unser Tipp

Lassen Sie die Schnittstellen zwischen Mitarbeitern durch einfache Auftraggeber-Auftragnehmer-Beziehungen untereinander klären – insbesondere bei dezentral arbeitenden. Ihre Mitarbeiter arbeiten motivierter und produktiver, wenn ihre Rollen, Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten geklärt sind. GroNova unterstützt Sie immer mit erfahrenen Experten.

Ihr Andreas Suter


PS.: Im Buch „Die Wertschöpfungsmaschine – Prozesse und Organisation aus der Strategie ableiten“ (Hanser-Verlag, 2. Auflage) finden Sie die detaillierte Anleitungen, wie Sie Auftraggeber-Auftragnehmer-Beziehungen in Ihrem Unternehmen etablieren können.

Gerne empfehle ich das zum Buch passende Tagesseminar „Die Wertschöpfungsmaschine für komplexe Organisationsprobleme“ der GroNova-Academy am 4. September 2020 in Thalwil (ZH).

Alternativ bieten wir Ihnen auch Inhouse-Seminare mit dem Buchautor Andreas Suter an, damit die Internas im Haus bleiben.
 

Wissensbox: Organisatorische Schnittstellen vereinfachen

Genauso wie im Aussenverhältnis zu den Kunden oder Lieferanten schafft im Innenverhältnis die Auftraggeber-Auftragnehmer-Beziehung die einfachste Schnittstelle. Diese Rollenverteilung stellt sicher, dass erstens ein Auftrag klar durch den Auftraggeber bestimmt wird, was der Auftragnehmer durch die Auftragsannahme bestätigt und dass zweitens der Auftrag richtig erfüllt wird, was der Auftraggeber durch die Übernahme wiederum bestätigt (siehe Abbildung 1).

Die Auftraggeber-Auftragnehmer-Beziehung lässt sich – am besten vom Groben ins Detail – sowohl zwischen Unternehmen, Bereichen und Abteilungen als auch Teams und einzelnen Mitarbeitern etablieren. Sind zur Erfüllung eines Auftrags viele Interaktionen zwischen einzelnen Mitarbeitern nötig (siehe Abbildung 2), bestehen zwei alternative Optionen:

  1. Klärung und Vereinfachung der Schnittstelle durch veränderte Rollen- und Aufgabenteilung, so dass Aufgaben entstehen, welche der Auftragsnehmer vollständig und ohne Rückfragen beim Auftraggeber erledigen kann.
  2. Zusammenfassung der Rollen und Aufgaben zu ganzen Teams bzw. Organisationseinheiten mit jeweiligen Auftraggeber- bzw. Auftragnehmer-Rollen. Das Team ist für die Erledigung der Aufgaben verantwortlich und spricht sich dazu mit Management auf Zuruf ab.

Die auftraggebende bzw. auftragnehmende Rolle impliziert kein hierarchisches Verhältnis, sondern eine Beziehung auf Augenhöhe.


Abbildung 1: Klärung und Vereinfachung der Schnittstellen durch Auftraggeber-Auftragnehmer-Beziehung


Abbildung 2: Hoher Aufwand, Überblick zu bewahren und die Schnittstellen mit den Kollegen und allenfalls Kunden im Griff zu haben

GroNova-Experte für Ihre Prozess- und Organisationsthemen

Hans Knöpfel
„Hands-on“ Projektleiter für komplexe Vorhaben

Über 30 Jahre Erfahrungen in der Erarbeitung und Umsetzung von Prozessorganisationen, Transformationen und Restrukturierungen

Praxisbeispiel im Fokus
Auch die interne Beauftragung erfordert eine klare Rollenverteilung
Branche: Automatisierungstechnik in der Lagerlogistik, Unternehmen mit mehreren internationalen Standorten und 1‘500 Mitarbeiter, denzentrale Software-Entwicklung.

Ausgangslage und Handlungsbedarf: Entwicklung einer neuen Produktfamilie

Das Unternehmen war in der Vergangenheit sehr erfolgreich und entwickelte sich durch organisches Wachstum sowie Zukäufe von Unternehmen im Ausland zu einem respektablen Player in der Automatisierungstechnik.

Allerdings verpasste es, frühzeitig auf neue Technologien zu setzen, so dass es gefordert war, innert kurzer Zeit die Kernsoftware auf neuer Technologiebasis zu entwickeln. Gleichwohl sollte die neue Kernsoftware drei weitere Produktfamilien der Tochtergesellschaften ablösen. Um den Gemeinschaftscharakter herauszustreichen, wurde die Entwicklung ausgewählter Komponenten an diese Tochtergesellschaften vergeben.

Eine wichtige Komponente war die Kommunikationseinheit, welche die österreichische Tochtergesellschaft zu entwickeln hatte. Dem Mutterhaus oblagen die Gesamtverantwortung und die Integration der Komponenten zum funktionierenden Gesamtsystem.

In der Integrations- und Testphase wurde festgestellt, dass sich die verschiedenen Komponenten nicht zusammenfügen liessen. Die SW-Spezialisten im Mutterhaus schienen also mit ihren Zweifeln an der fachlichen Kompetenz der Tochtergesellschaften, insbesondere ihrer österreichischen Kollegen, richtig gelegen zu haben. Unter diesen Vorzeichen war ein Miteinander der Schweizer und österreichischen Kollegen, um die technischen Probleme kurzfristig zu lösen, unmöglich. Dem CTO aber waren die Berichte seiner eigenen Mitarbeiter zu einseitig.

Auftrag: Check-up durch neutralen Software-Entwicklungs-Experten

GroNova wurde vom CTO beauftragt, mit einem erfahrenen Manager auf Zeit und Software-Experten zu befunden und dank seniorer Persönlichkeit zwischen den zerstrittenen Teams zu vermitteln. Schon nach wenigen Tagen stellte der GroNova-Experte fest, dass die Spezifikation in der Beauftragung unvollständig war. Die Lücken liessen Interpretationsspielräume offen. Zudem fehlten die Vorgaben für die Integrationstests.

Sein Verdikt lautete: „Es wäre eher ein Zufall gewesen, wenn die Integration der Kommunikations-Einheit ins Gesamtsystem geklappt hätte. An der Kompetenz der österreichischen Kollegen hätte es jedoch keineswegs gefehlt.“

Lösung: Projektleitung für die Software-Entwicklung

Der GroNova Experte wurde mit der Gesamtleitung des Projekts betraut. Sowohl die SW-Entwickler im Mutterhaus als auch in den Tochtergesellschaften wurden ihm direkt unterstellt, um nicht noch mehr Zeit zu verlieren.

In einem ersten Schritt klärte der GroNova Manager die jeweiligen Rollen und Verantwortlichkeiten der beteiligten Teams. Die Integrationsspezialisten des Mutterhauses hatten dabei die Rolle und Aufgaben des internen Auftraggebers zu übernehmen, die Entwicklungsteams in den Tochtergesellschaften jene des Auftragnehmers.

Im nächsten Schritt wurden die Auftragsspezifikationen noch einmal überprüft und präzisiert. Um das gemeinsame Verständnis sicherzustellen, dokumentierte jeweils das auftragnehmende Entwicklungsteam ihr Verständnis des Auftrags, welcher im Lastenheft beschrieben war, in einem Pflichtenheft.

Bevor sie mit der Überarbeitung der SW-Komponente starten konnten, mussten die auftraggebenden Spezialisten das Pflichtenheft freigeben. Der Aufwand zu Beginn der eigentlichen Entwicklungsarbeit schien hoch zu sein, wurde aber durch die rasche Fertigstellung mehr als nur kompensiert.

Fazit: Auch intern sind klare Auftraggeber-Auftragnehmer-Beziehungen sicherzustellen

Die ursprüngliche Beauftragung scheiterte offensichtlich nicht an der Kompetenz des internen Auftragnehmers, sondern wegen den Unklarheiten in der Auftragsspezifikation selbst. Auch wenn bei internen Beauftragungen keine Einkaufs- oder Rechtsabteilungen mitwirken, ist jeder Auftrag eindeutig und mit der nötigen Aufmerksamkeit zu spezifizieren. Gerade bei der Beauftragung von immateriellen Leistungen wie Software oder Dienstleistungen ist das gemeinsame Verständnis zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer besonders wichtig!

Für weitergehende Informationen und bei konkretem Handlungsbedarf stehen wir Ihnen gerne unter +41 41 727 04 70 zur Verfügung.