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Keine Lieferengpässe! trotz grosser Nachfragedynamik.

Müssen Kunden auf verspätete Lieferungen vertröstet werden? Nehmen die Lieferausstände zu? Beobachten Sie wachsende Hektik in der internen und externen Lieferkette, weil Aufträge vorgezogen, andere gestoppt werden müssen? Gerade bei steigender Nachfrage sind Lieferengpässe besonders schmerzlich und sie sprechen sich unter Kunden und Mitbewerbern schnell herum.

Wir wollten verstehen, warum Lieferengpässe entstehen, obwohl die Kapazitätsgrenzen – zumindest theoretisch – in vielen Fällen nicht erreicht sind. Dazu haben wir einschlägige GroNova-Mandate näher betrachtet.

Vorweg: Aufgefallen ist uns eine unbedachte Vermischung von auftragsgesteuerter und prognosegetriebener Wertschöpfung. Ja, das Ideal der rein auftragsgesteuerten Lieferkette ist ohne Einschränkungen (beispielsweise für den Kunden nicht akzeptable Lieferfristen) nicht realistisch.

Die Alternative der prognosegetriebenen Wertschöpfung verschlimmert jedoch die Engpässe, als dass sie diese auflöst. Denn sie setzt auf belastbare Bedarfsprognosen, doch diese gibt es immer weniger. Denn die Horizonte zuverlässiger Prognosen haben sich genauso wie die Lieferfristen massiv verkürzt. Zudem verstopft die prognosegetriebene Wertschöpfung die Lieferkette und verursacht damit Hektik sowie weitere Verspätungen.

Eine der Hauptursachen von Lieferengpässen ist die Verwechslung von Lieferbereitschaft und Bereitstellung.

Bereitschaft erstellen statt bereitstellen

Diese Verwechslung ist in den Köpfen der Produktionsplaner und Disponenten verinnerlicht. Um Verspätungen zu vermeiden, wird vorzeitig bereitgestellt. Verstärkt wird diese Verwechslung durch die verwendeten ERP-Systeme, welche den automatisierten Übergang vom Planbedarf zur Bedarfsanforderung ermöglichen. Je länger die Wiederbeschaffungszeit geplant wird, desto eher wird die Beschaffung ausgelöst.

Bereitschaft hiesse dagegen, die Verfügbarkeit aller notwendigen Ressourcen (z.B. Personal, Betriebsmittel, ggf. Rohmaterial usw.) und notwendigen Informationen (z.B. Prozessinstruktionen, Stammdaten, usw.) sicherzustellen. Nicht nur im eigenen Haus, sondern auch bei den internen und externen Lieferanten. Bereitschaft befähigt, kurzfristig mit der Wertschöpfung zu starten, sobald der Auftrag in Sicht oder gar im Haus ist.

Unser Tipp

Unterscheiden Sie konsequent Planen im Sinne von Vorausschauen und Steuern im Sinne von Abwicklung eines Auftrags. Damit verhindern Sie, dass unbesehen aus einer Planung eine prognosegetriebene Wertschöpfung entsteht. Holen Sie gerne GroNova zur Aufklärung dazu.

Ihr Andreas Suter

PS.: Zum Thema „Management komplexer Vorhaben“ führen wir eintägige Weiterbildungsseminare durch:

22.06.2020 im Seedamm Plaza in Pfäffikon (durchgeführt durch ZfU)
26.06.2020 im Hotel Sedartis in Thalwil
06.11.2020 im Hotel Sedartis in Thalwil
16.11.2020 im Seedamm Plaza in Pfäffikon (durchgeführt durch ZfU)

Das Seminar vermittelt nicht nur die Fallstricke bei komplexen Vorhaben, sondern versorgt Sie mit einem Bündel an Tools und Tipps, ein solches Vorhaben richtig aufzusetzen und erfolgreich zu beenden. Für weitere Details können Sie sich gerne an mich wenden.
Alle Seminare bieten wir gerne auch als Inhouse-Variante an. Fragen Sie uns einfach danach.
 

Wissensbox: Pull oder Push

Die Pull- oder auftragsgesteuerte Wertschöpfung wird nach der Auslösung des Geschäftsfalls auftragsgerecht erbracht. Allfällige Prognosen dienen der Kapazitätsbereitstellung oder der Beschaffung von (Standard-)Vorleistungen. So werden Dienstleistungen und komplexe Sachleistungen immer auftragsbezogen erbracht. Auch die auftragsbezogene Erbringung von standardisierten Sachleistungen ist zweckmässig, wenn die Vorteile aus einer Reduktion der Kapitalbindung grösser sind als jene aus Volumeneffekten und Prozessvereinfachungen.

Die Push- oder prognosegetriebene Wertschöpfungwird vor dem konkreten Bedarfsereignis erbracht und beruht auf Bedarfsprognosen. Die Möglichkeit, prognosegetriebene Wertschöpfung zu erbringen, hängt davon ab, ob es sich um eine Sach-, Dienst- oder Informationsleistung handelt. Bei standardisierten Sachleistungen ist die prognosegetriebene Erbringung auf Vorrat möglich. Das Risiko, dass das Produkt nicht gebraucht wird, ist beschränkt. Die verbrauchsorientierte Bereitstellung von Kleinteilen gehört dazu.

Dagegen lassen sich jene Sachleistungen, welche kundenspezifisch sind, nicht auf Vorrat erbringen, da das Risiko hoch ist, dass sie nie bestellt werden. Dienstleistungen lassen sich – per definitionem – nur auftragsbezogen erbringen. Informationsleistungen sind einerseits wie Dienstleistungen auftragsbezogen zu erbringen, andererseits lässt sich Information analog einer Sachleistung vor dem eigentlichen Auftragsereignis aufbereiten und dann durch den Auftrag abrufen.


Abbildung 1: Pull- versus Push-Wertschöpfung

 
Im Kapitel 7.6 Dezentrale Prozesssteuerung (Seite 226 - 232) im Buch „Die Wertschöpfungsmaschine – Prozesse und Organisation aus der Strategie ableiten“ finden Sie die detaillierte Erklärung zur Pull- vs Push -Wertschöpfung

Praxisbeispiel im Fokus
Mit konsequenter Trennung von Push und Pull die Liefertreue wieder hergestellt
Branche: Armaturenhersteller mit verschiedenen Werken.

Ausgangslage und Handlungsbedarf: Zunehmende Ausstände der Kundenbelieferungen

Ein Hersteller von Armaturen für den Bad- und Küchenbereich belieferte aus seinen Werken gleichwohl nationale Kleinkunden (z.B. Küchenbauer, Handwerksbetriebe) wie auch Grossabnehmer (z.B. Einkaufszentralen, Baumärkte) sowie die internationalen Schwesterunternehmen. Betrugen bei letzteren die monatlichen Abnahmevolumina 200-3‘000 Stk. je Artikel, so waren es bei den Kleinkunden Kleinstmengen. Seit geraumer Zeit sackte die Liefertreue auf inakzeptable 60% ab, die Ausstände kumulierten sich je nach Produktlinie auf 1 bis 3 Monate.

Auftrag: Wiederherstellung der Liefertreue

GroNova wurde beauftragt, mit einem erfahrenen Supply-Chain-Experten die Ursachen dieser Lieferprobleme im Stammwerk zu eruieren und mit nachhaltigen Massnahmen zu beheben.

Der kurze Check-up des GroNova-Experten offenbarte schon nach wenigen Tagen eine widersprüchliche Situation: Hohe Nachfrage bedeutete nicht unbedingt hoher Ausstand, sondern niedrige Produktivzeit der Presswerke! Mit der Verringerung der Produktivzeit wurde jedoch der Lieferkette Produktionskapazität entzogen. Das Nebeneinander von vielen kleinen und auftragsgesteuerten sowie wenigen grossen – und meistens auch prognosegetriebenen – Produktionslosen verursachte die niedrige Produktivzeit. Darüber hinaus wurden die Pressaufträge häufig unterbrochen, um dringende Aufträge vorzuziehen. Damit verschlimmerte sich die Situation noch.

Lösung: Stabilisierung des Pressenbereichs im Stammwerk

Der GroNova-Manager auf Zeit schlug vor, den Presswerkbereich neu zu organisieren und in zwei Bereiche aufzuteilen: ein Teil wurde für die Bearbeitung von grossvolumigen (Lager-)Aufträgen, ein anderer auf die flexible Abarbeitung von kleinen Kundenaufträgen bestimmt. Das Personal und die Betriebsmittel wurden konsequent den beiden Bereichen zugeordnet; die Planungsmethoden und Abwicklungsprozesse wurden ebenso angepasst.

Fazit: Konsequente Trennung von Pull- und Push-Wertschöpfung

Produktivitätsverbesserungen waren möglich, weil sich die organisatorischen Einheiten auf unterschiedliche Stossrichtungen fokussieren konnten: Auslastungsoptimierung und Vollkostenreduktion (inkl. Lagerkosten) mittels prognosegetriebener Push-Produktion im Grossvolumenbereich; Flexibilität und kurzfristige Verfügbarkeit mittels auftragsgesteuerter Pull-Produktion im Kleinvolumenbereich.

Für weitergehende Informationen und bei konkretem Handlungsbedarf stehen wir Ihnen gerne unter +41 41 727 04 70 zur Verfügung.