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Veränderungen auf Kurs dank vorgezogener Mobilisierung

Waren Sie auch schon vom Widerstand gegen organisatorische Veränderungen überrascht? Geänderte Abläufe oder Rollen mussten zum x-ten Mal diskutiert werden? Das Vorhaben dauerte viel länger als ursprünglich geplant? Oder der Umfang des Umsetzungsprogramms musste massiv reduziert werden, um wenigstens noch ein Minimum an Machbarem zu realisieren?


Kein Veränderungsvorhaben läuft rund. Trotzdem wollten wir verstehen, womit die Erfolgsquote verbessert werden kann. Wir haben deswegen mit Unternehmensleitern und Bereichsleitern gesprochen, welche kürzlich ein grösseres Veränderungsvorhaben verantworteten. Zusätzlich haben wir einschlägige GroNova-Mandate untersucht.

Vorweg: In den Unternehmen gibt es gleichzeitig viele grössere und kleinere Veränderungsvorhaben. Die Anzahl ist oft nicht bekannt, weil manches Vorhaben nicht mehr mit der notwendigen Energie vorangetrieben wird, aber auch nicht formell gestoppt wurde. Solche Vorhaben wurden mit Euphorie gestartet und liefen irgendwann an vermeintlichen Sachzwängen oder veränderten Prioritäten, meistens aber an internen Widerständen gegen Veränderungen auf.

In vielen Fällen wussten nur wenige Personen vom Vorhaben. Damit „keine schlafenden Hunde geweckt“ wurden, sollten vorerst nur Direktbeteiligte vom Vorhaben erfahren. Möglicherweise war die zurückhaltende Kommunikation auch der Erfahrung geschuldet, dass schon manches Vorhaben nie am Ziel ankam.

Ohne frühe und breite Kommunikation scheitert jedoch jedes Veränderungsvorhaben. Eine Kommunikation kurz vor der Umsetzung ist zu spät, weil dadurch das Vorhaben bloss verzögert wird und viel Energie in Rechtfertigung und nachträgliche Überzeugungsarbeit geleitet werden muss – Energie, welche für die breite Mobilisierung der Mitarbeiter unabdingbar ist, aber für die Umsetzung fehlt.

Vorgezogene Mobilisierung

Besser ist, die Zeit für die breite Mobilisierung während der vorangehenden Konzeptionsphase zu nutzen. Selbst wenn deswegen die Konzeptionsphase zeitlich ausgeweitet werden muss, lohnt es sich: Denn mehr Zeit schafft nicht nur ein besser verstandenes Lösungskonzept, sondern Raum für die Mobilisierung, vor allem Einsicht in die Notwendigkeit und Dringlichkeit der anstehenden Veränderungen. Je früher diese Einsicht breit geteilt wird, desto einfacher wird die Umsetzung.

Unser Tipp: Beginnen Sie mit der breiten Mobilisierung schon beim Projektstart. Die Betroffenen etwaiger Veränderungen sind froh, dass ihnen ausreichend Zeit gewährt wird, deren Notwendigkeit zu verstehen und zu akzeptieren. In Ihren Vorhaben unterstützt Sie GroNova immer gerne mit Umsetzungsexperten.

Mit herzlichen Grüssen

Ihr Andreas Suter

GroNova bildet ihre Umsetzungsexperten laufend weiter. Gerne können Ihre Mitarbeiter auch an unserem Ganztagesseminar 'Management komplexer Vorhaben' teilnehmen:

01. September, Hotel Sedartis Thalwil

Alternativ können Sie auch ein Inhouse-Seminar mit mir vereinbaren.
 

Wissensbox: 3-Phasen-Modell für Veränderungsprozesse – was ist das?
 

Jeder Veränderungsprozess in einer Organisation durchläuft – gemäss dem Organisationswissenschaftler Kurt Lewin – nacheinander drei Phasen, namentlich „Unfreeze“, „Change“ und „Re-freeze“. In diesen Phasen wird in eine Organisation die Balance von verharrenden zu verändernden Kräften hin und wieder zurück verschoben (siehe auch Abbildung):

• Phase 1 „Unfreeze“: Die erste Phase wird „Auftauen“ bezeichnet. In dieser Phase muss das Kräftegleichgewicht zugunsten der verändernden Kräfte verschoben und die auf Stabilität gerichteten Kräfte zurückgedrängt werden. Es geht darum, eingefahrene Abläufe, Routinen und Rollen infrage zu stellen, Strukturen aufzubrechen sowie eine grundsätzliche Bereitschaft für den Wandel zu schaffen. Dies erfolgt durch breite Mobilisierung unter den Betroffenen. Insbesondere sollen die Fragen geklärt werden, warum Veränderungen überhaupt nötig sind und wohin sie – beispielsweise hinsichtlich der längerfristigen Vision – führen sollen. Je konkreter die Hindernisse benannt werden, desto eher wird die Dringlichkeit von Veränderungen mitgetragen. Dabei werden die Betroffenen genau hinschauen, wie glaubwürdig und geeint die Führungsspitze das Vorhaben, insbesondere die Mobilisierung vorantreibt. Daraus leiten sie ab, mit welcher Konsequenz die Veränderungen in der Phase 2 vollzogen werden und ob sich allfälliger Widerstand lohnt.

• Phase 2 „Change“: In der zweiten Phase werden die Veränderungen umgesetzt. Die Dominanz der verändernden Kräfte bedeutet, dass sich die alten Abläufe, Rollen und Strukturen weitgehend aufgelöst haben, neue sich jetzt zu bilden haben. Die Leistungskurve des Betriebs sinkt in dieser Phase vorerst ab, weil die Betroffenen genauso als Individuen wie auch als Gemeinschaft Neues erlernen, sich erst einmal den neuen Gegebenheiten anpassen und sich intern neu abstimmen müssen. Dies bedeutet für die Betroffenen, dass sie infolge der Veränderungen wieder am Anfang einer Lernkurve ansetzen müssen. Auftraggeber wie auch Treiber des Veränderungsvorhabens sollen sich daher im Klaren sein, dass ein zeitlich beschränkter Leistungsabfall zum Veränderungsprozess gehört, jedoch durch professionelle Planung und Konsequenz in der Führung minimal gehalten werden kann. In dieser Phase müssen auch die letzten Widerständler überzeugt werden. Je besser die Betroffenen vorzeitig für die Veränderung mobilisiert sind, desto weniger Fragen bleiben offen – und die Akzeptanz der neuen Gegebenheiten erfolgt umso schneller.

• Phase 3 „Re-freeze“: In der dritten Phase werden Abläufe und Strukturen wieder festgezurrt. Neue Routinen und Rollen müssen sich etablieren. Letztendlich sind die Veränderungen erst verankert, wenn sie institutionalisiert und von den Betroffenen verinnerlicht sind – also Teil des Alltags sind und keine besondere Beachtung mehr verlangen. Gleichwohl soll im Sinne des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses weiter, aber innerhalb der neuen Gegebenheiten optimiert werden, um die Zielperformance mittelfristig zu erreichen.

Typische Themen der vorgezogenen Mobilisierung

• Vorgängiges Verständigen im obersten Führungskreis sowie Schaffen eines gemeinsamen Verständnisses bezüglich Handlungsbedarf, Dringlichkeit, Tragweite der Veränderungen und Umgang mit Veränderungsunwilligen
• Verstärken des Denkens in Wertschöpfungsbeiträgen (Kunden- und Marktorientierung, Output statt Input, usw.)
• Periodisches Messen der Veränderungsbereitschaft mit Change-Barometer
• Stufengerechtes Einbeziehen der Betroffenen in die fachliche Grob- bzw. Detailkonzeption: Die Kombination von Top-down- und Bottom-up-Interaktionen führt nicht nur zu fachlich besseren, sondern vor allem besser akzeptierten Lösungen
• Identifizieren und Aufbauen von internen „Change Agents“
• Frühzeitiges und wiederholt unternehmensweites Kommunizieren des Gesamtvorhabens (wer tut was und wozu), der Veränderungsvision (wo wollen wir in 3-5 Jahre stehen) und Stossrichtungen (was müssen wir überwinden)
• Zelebrieren von vorzeitigen Umsetzungserfolgen, beispielsweise Pilotumsetzungen von vereinfachten Abläufen, neuen Rollen oder Zusammenarbeitsformen
• Üben von neuen Verhaltensmustern (konstruktiver Umgang mit Fehlern, bereichsübergreifende Zusammenarbeit, individuelle Verantwortung, Gruppenarbeit, Rolle der Führungskräfte – vor allem als Coach, etc.)
• Anlassfreies Adressieren von Widerstand und konstruktives Umgehen mit Verlustängsten
• Schaffen einer Anlaufstelle für besorgte Betroffene während Veränderungsprozess
• Coaching und Anleiten „neuer“ Linienvorgesetzte (vor allem, wenn eine neue Führungskultur ansteht)
• Regelmässige und freie Aussprachen zwischen Topmanagement und Betroffenen, z.B. monatliche „Kamingespräche“, informelle Betriebsveranstaltungen, usw.
• Periodisches Informieren aller Mitarbeiter über den Fortschritt mit inhaltlichen Konkretisierungen (Ziel: Informationsgleichstand statt Gerüchte)

 


Abbildung: Auslegeordnung für die Planung eines Veränderungsvorhabens
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Praxisbeispiel im Fokus:
Neugestaltung des Prozessmodells
Verbrauchsmaterialhersteller, mit weltweit rund 18 Werken und 6‘500 Mitarbeitern

Ausgangslage und Handlungsbedarf: Kostendruck auf Hochlohnstandorte

Der Hersteller von Verbrauchsmaterialien für die Stahlindustrie stand unter starkem Wettbewerbsdruck, insbesondere die Werke in Mitteleuropa mit hohen Lohnkosten. Der Distanzschutz der mitteleuropäischen Werke wurde durch sehr günstige Frachtkosten für Lieferungen aus Übersee unterlaufen. Zusätzlich sank die europäische Nachfrage, weil die Stahlhersteller vermehrt auf asiatische oder südamerikanische Standorte setzten.

Der Vorstand entschied, zwecks Zukunftssicherung alle Werke sowohl in Europa, Asien, Nordamerika als auch in Südafrika einem Kostensenkungsprogramm zu unterstellen. Ursprünglich war angedacht, dass in einem europäischen Pilot-Werk mit aktuell hohen Stückkosten eine unternehmensinterne „Best Practice“ entwickelt und umgesetzt würde, welche im anschliessenden Roll-out den anderen Werken sozusagen aufgepfropft werden sollte.

Auftrag: Programmleiter „Best Practices“

GroNova wurde beauftragt, mit einem international erfahrenen Werksleiter bzw. Operation-Chef aus vergleichbarer Branche den Leiter des Kostensenkungsprogramms zu stellen. Diese starke Führungspersönlichkeit musste insbesondere Hands-on Umsetzungsexpertise aus artgleichen Vorhaben vorweisen und über hohes Durchsetzungsvermögen verfügen.

Lösung: Kombiniertes top-down/bottom-up Vorgehen

Schon vor dem Kick-off regte sich massiver Widerstand generell gegen das Vorhaben und speziell gegen das geplante Vorgehen – nicht nur am Pilot-Standort, sondern auch in den übrigen Werken. Der Programmleiter konnte den Vorstand davon überzeugen, dass alle Standorte an der Neuentwicklung des „Best Practice“-Modells aktiv teilnehmen sollen.

Die Grobkonzeption konnte so gemeinsam mit allen Werksleitern erfolgen. Für die Detailkonzeption wurden gemischte Teams aus den Werken zusammengestellt, welche die schlanken Prozesse und Strukturen konkretisierten. Die entstandene „Best Practice“ wurde soweit wie möglich an die lokalen Gegebenheiten adaptiert, indem sie vor der lokalen Umsetzung von einem lokalen Team aus Vertretern aller Hierarchiestufen sozusagen „bottom-up“ nacherfunden wurde.

Zudem wurde das Programm von einer umfassenden Mobilisierungskampagne begleitet. In der Mobilisierung blieb der Gesamtvorstand federführend. Alle internen Kommunikationskanäle wurden genutzt, um periodisch und auf breiter Basis Informationsgleichstand zu schaffen. Während regelmässigen Werksbesuchen erklärten die Vorstandsmitglieder anhand einer einheitlichen Dokumentation das Vorhaben und antworteten persönlich auf Bedenken aus der jeweiligen Belegschaft.

Fazit: Breite Mobilisierung und Einbezug des Betriebsrates in die Konzeptphase

Ohne breite Involvierung lassen sich Veränderungen nicht erfolgreich umsetzen. Insbesondere sind früh die Mitarbeitervertretungen, auch generell kritische Betriebsräte, einzubinden. Werden sie schon in die aktive Konzeptionsarbeit einbezogen, wird ein späteres Ausscheren unwahrscheinlich und sie übernehmen eine vorantreibende Rolle im Veränderungsprozess als „Change Agents“ oder Multiplikatoren – oft überzeugender als Vertreter aus dem Mittelmanagement.

Für weitergehende Informationen und bei konkretem Handlungsbedarf stehen wir Ihnen gerne unter +41 41 727 04 70 zur Verfügung.