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Hohe Materialkosten durch Überspezifikation? und wie Sie diese dauerhaft senken.

Bei sehr vielen Firmen sind die beschafften Materialien und Leistungen einer der grössten Kostenblöcke. Vermutlich haben Sie diese bei sich auch schon mehrfach durchleuchtet, weil Sie schlummernde Einsparungspotentiale vermuteten, stimmt's? Aber wie hebt man diese Potentiale? Durch bessere Lieferantenkonditionen? Bündelung von Volumina? Alternative Lieferanten?

Neue Quellen aus Ländern mit tieferen Lohnkosten? Oder einfach mehr Härte in den Verhandlungen mit den Lieferanten zeigen?

Wir haben einige einschlägige GroNova-Projekte untersucht. Überraschenderweise lag die ergiebigste Quelle für die weitere Senkung der Materialkosten im eigenen Haus und nicht bei den Lieferanten. Und diese Potentiale bewegten sich im zweistelligen Prozentbereich. Das Stichwort dazu heisst: die Spezifikationen für das beschaffte Material oder die beigestellten Leistungen hinterfragen.

Überspezifikation abbauen

Damit Sie in den Genuss von grösseren Materialkostensenkungen kommen, müssen die Spezifikationen, insbesondere die eingebauten Sicherheitsmargen, laufend hinterfragt werden.

Unser Tipp
Fragen Sie Ihren Lieferanten, unter welchen Bedingungen er auf eine Preissenkung von 20% eingehen würde. Der Lieferant wird Ihnen die Möglichkeiten zur Entschärfung Ihrer Spezifikationen gerne nennen. Andernfalls holen Sie unsere Experten dazu ! 
 

Wissensbox: Wie Mehrkosten durch Überspezifikation entstehen

Was auch immer der Anlass für eine Spezifikationsverschärfung ist, die Materialkosten werden zweifach gesteigert:

1. Mit den erhöhten Anforderungen steigen Herstellkosten und Qualitätsrisiken beim Lieferanten. Diese will der Lieferant abgegolten haben und kalkuliert sie in seinen Verkaufspreis mit ein. Weitere Preistreiber sind besondere Anforderungen an die Lieferperformance. Was heute bei unsicherer Planbarkeit von Kundenaufträgen immer häufiger der Fall ist.
2. Mit restriktiven Spezifikationen reduziert sich die Anzahl in Frage kommender Lieferanten. Es entsteht ein lieferantenseitiges Quasi-Monopol bei dem sich die Verhandlungsmacht vom Kunden zum Lieferanten verschiebt. In der Folge erzielt der Lieferant eine höhere Marge als ihm unter Wettbewerbsbedingungen zustünde.

 

Hintergrund

Wie lassen sich durch Überspezifikation entstandene Mehrkosten abbauen?

Über den Lebenszyklus eines Produktes steigen die Anforderungen an die eingesetzten Materialien oder beigestellten Leistungen (z.B. physikalische Grenzwerte, chemische Resistenz, Zusammensetzung und Reinheitsgrad, mechanische Perfektion, usw.). Bereits im Verlauf der Produktentwicklung werden die Spezifikationen und die zulässigen Toleranzen immer enger gefasst, um die Qualitätsansprüche zu erfüllen und die Serienreife zu erreichen. Im Zweifelsfall wird überspezifiziert, um ganz sicher zu sein.

Und später, beispielsweise bei einem Qualitätsproblem, werden die Spezifikationen nochmals verschärft. Der umgekehrte Fall, aufgrund positiver Erfahrungen die Spezifikation zu entschärfen, kommt nur ganz selten vor. Abgespeckt wird nur, wenn Sie z.B. verlagern, ein Lieferant eine Preiserhöhung verlangt oder Sie Ihre Preise am Markt nicht mehr halten können.
 
Was bei Serienreife noch adäquat spezifiziert ist, erweist sich über den Produktlebenszyklus als Überspezifikation. Mit zunehmender Erfahrung ergeben sich in allen Unternehmen Potentiale, die Anforderungen an die Spezifikationen zu senken. Denn mit dem Durchschreiten der Lernkurve beherrscht man die eigenen Herstellungsprozesse besser. Prozesse und Materialien lassen sich immer leichter aufeinander abstimmen und die in den Spezifikationen versteckten Sicherheitsmargen auflösen. Dadurch können beispielsweise die fertigungsrelevanten Materialtoleranzen schrittweise gelockert werden. Auch Dauertests und die Erfahrungen mit den Produkten im Markt ermöglichen, die Spezifikationsschärfe ausgewählter Komponenten abzubauen.
 
Zuerst Überspezifikation abbauen.

Zunächst wird man weiterhin auf die enge Kooperation mit dem Lieferanten zählen müssen. Denn die technische und kostenmässige Transparenz muss erst gemeinsam erstellt werden. Basierend auf dieser Transparenz werden die Spezifikationen rigoros hinterfragt:

• Wofür bezahlt eigentlich der Kunde?
• Welche Sicherheitsmargen sind wirklich nötig – für das Produkt oder die eigenen Prozesse?
• Welche Spezifikationsminderungen können durch die eigenen Prozesse kompensiert werden? Ist der Zusatzaufwand geringer als die Einsparungen?

In der Regel werden mit den gelockerten Spezifikationen zuerst Erfahrungen gesammelt. Allenfalls empfiehlt sich auch ein schrittweises Vorgehen. Die Spezifikationen werden in enger Kooperation mit allen internen und externen Beteiligten gestaffelt optimiert. Zum allseitigen Vorteil.

Erst später Monopolrenten eliminieren.

Nachdem die Abhängigkeit vom Lieferant reduziert worden ist, wird die Monopolrente des Lieferanten zum Thema. Je nach Alternativen lässt sich diese früher oder später wegverhandeln. Dazu müssen Sie sicher sein, dass die Spezifikationen sitzen und die Alternativen wirklich bestehen. Eine nochmalige Verschärfung könnte Ihre Verhandlungsposition wieder schwächen.
 
Grundsätzlich Überspezifikation vermeiden.

Überprüfen Sie Spezifikationen regelmässig. Schon in der Entwicklungsphase lassen sich Überspezifikation vermeiden, wenn Produkt und Prozess auf einander abgestimmt entwickelt werden. Nach der Serienreife ergeben sich die Potentiale vor allem intern aus der Erfahrungskurve. Die eigenen Prozessfähigkeiten festigen sich, so dass allfällige interne Zusatzaufwände immer geringer ausfallen (im Vergleich zu den Einsparpotentialen bei den Materialkosten). Ergänzt durch die Produkterfahrungen beim Kunden ergeben sich weitere Perspektiven. Fragen Sie Ihre Kunden!

Praxisbeispiel im Fokus

Fit für den internationalen Wettbewerb?
Unternehmen: Hersteller von Konsumgütern des täglichen Bedarfs 
 
Ausgangslage und Handlungsbedarf: Für den internationalen Wettbewerb fit machen
Das mittelständische Unternehmen stellt Artikel für den täglichen Bedarf wie beispielsweise Körperreinigungsmittel her und ist im Eigenmarkenbereich unbestrittener Marktführer im Heimmarkt. Langfristige Verträge mit Grossabnehmern sicherten ihm diese Position. Doch diese scheinbar komfortable Situation war durch die aus dem Ausland kommenden Wettbewerber ernsthaft bedroht. Ganz nach der Devise „Angriff ist die beste Verteidigung" entschied es, den Export zu forcieren.
Nach wenigen strategischen Analysen war der Geschäftsleitung klar, die patentierbaren Eigenentwicklungen boten zu wenig Vorteile, um nachhaltig im internationalen Wettbewerb zu bestehen. Vielmehr war ein umfassendes Programm zur Senkung der Produktkosten um mindestens 20 % in den folgenden drei Jahren notwendig. 

Auftrag: Beschaffungskosten um mindestens 12% senken
Für die Potenzialanalyse beauftragte das Unternehmen ein renommiertes Beratungshaus. Dieses zeigte der Unternehmensleitung grobe Einsparmöglichkeiten entlang der Supply Chain in den erwarteten Grössenordnungen auf. Doch die Betroffenen in den operativen Bereichen wehrten sich und meldeten Zweifel an der Machbarkeit. Sie waren überzeugt, dass die Potenziale in der Vergangenheit schon ausgereizt wurden.
Um bei der Umsetzung auf Nummer sicher zu gehen, engagierte das Unternehmen einen praxiserfahrenen Beschaffungsexperten von GroNova. Dieser belegte seine Kompetenz durch nachweisbare Erfolge aus vergleichbaren Mandaten. Trotzdem sollte der GroNova-Experte zunächst einmal für die Materialgruppe "Körperlotion 40+" pilotmässig zeigen, dass die geforderte Einsparung tatsächlich realisierbar ist. Als zusätzlicher Anreiz wurde eine erfolgsabhängige Prämie ausgelobt.

Lösung: Die gesamte Kette vom Lieferant über Produktion, Entwicklung bis zum Produkt-management betrachten  
Statt den Hebel der Verhandlungsmacht zu nutzen und Preisreduktionen durchzusetzen, wählte der GroNova-Experte einen anderen Ansatz. Sein Strategie: für alle Seiten Vorteile schaffen. Dazu analysierte er für die Materialgruppe die Beschaffungsvolumen pro Lieferant, hinterfragte die Anforderungen an die Spezifikationen und Rezepturen und sprach mit dem Produktionsleiter und dem Qualitätsmanager.
Von den Lieferanten erfuhr er, unter welchen technischen Bedingungen die Beschaffungspreise gesenkt werden könnten. Die meisten wünschten sich bessere Prozesse in der Planung und Beschaffung oder die Integration der Systeme. Der Anbieter für die Primärverpackung verwies auf Standardgrössen und dadurch signifikante Einsparungen.
Basierend auf den Zusagen der Lieferanten für die Pilotgruppe "Körperlotion 40+" extrapolierte der GroNova Experte das gesamte Beschaffungsvolumen und überzeugte die Geschäftsleitung, dass es a) machbar ist und b) das operative Team motiviert sei, die Kostensenkung zu erreichen.
Zusammen mit den internen Spezialisten wurde, vom Lieferanten ausgehend, entlang der gesamten Kette der Werdegang der Rezepturen und Materialvorschriften akribisch zurück verfolgt. Das Team fand heraus: In vielen Fällen gab es für besondere Vorschriften keine technisch notwendige Begründung, denn sie entstanden zufällig oder blieben aus Gewohnheit bestehen. In anderen Fällen waren Qualitätsprobleme und Sicherheitsbedenken der Anlass. Letztlich mussten nur in wenigen Fällen unter Federführung des Produkt Managers Rezepturen und Verfahrensvorschriften angepasst werden.
Die Variantenvielfalt verhinderte eine zweckmässige Bündelung bei den Zulieferern. Sie erschwerte die Kapazitätsplanung, erhöhte die Umrüstkosten und schaffte wegen der teilweise geringen Mengen Materialengpässe beim Lieferanten. Und die Sonderformate in den Gebinden trieben die Produktionskosten in die Höhe, weil die Produktionslinie störanfällig reagierte und der Ausstoss deutlich unter der Sollvorgabe blieb.

Fazit: Hohe Potentiale in allen Materialgruppen realisiert  
Schon nach 8 Monaten konnten für knapp zwei Drittel der Materialkosten kurzfristige Einsparungen von mehr als 14.9% realisiert und in langfristigen Rahmenverträgen mit den Lieferanten umgesetzt werden. Weil diese Lieferanten zu Partnern wurden, konnten sie zu weiteren Optimierungen im Gegenwert von weiteren 3-5% schon nach einem Jahr verpflichtet werden. Und für dieses Ergebnis erhielt der GroNova-Experte das Doppelte der vereinbarten Prämiensumme ausbezahlt.

Für weitergehende Informationen und bei konkretem Handlungsbedarf stehen wir Ihnen gerne unter +41 41 727 04 70  zur Verfügung.